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Fotografie und Kunst

 

 Inhaltsübersicht:

 

 

 

 

Zur Autorenschaft der Sonderkommando-Fotografien

 

Von Andreas Kilian

Anfang August, wahrscheinlich aber noch Ende Juli 1944 entstanden auf dem Gelände des vierten Krematoriums in Auschwitz-Birkenau mehrere illegale Fotografien vom Vernichtungsprozess in der Todesfabrik. Zu sehen sind darauf Leichen vor einer Einäscherungsgrube auf der Nordseite des Krematoriums, entkleidete Frauen auf dem Hof südlich des Krematoriums und Baumzweige. Laut dem Mitarbeiter des Auschwitz-Museums Henryk Swiebocki, der sich in den neunziger Jahren eingehend mit der Thematik beschäftigt hat, seien insgesamt sieben Negative belichtet worden. Veröffentlicht wurden bislang nur zwei von drei Verbrennungsgrubenfotos, eines von zwei Entkleidungsfotos sowie eines von zwei misslungenen Baumfotos, was zu der verbreiteten Annahme führte, dass insgesamt nur vier Fotos gemacht worden seien. Dan Stone schrieb 2001 zur Bedeutung der Aufnahmen: “Hinsichtlich der visuellen Aufzeichnung sind sie zweifellos die wichtigsten Dokumente, die wir haben.“ Tatsächlich sind die Aufnahmen auch die einzige bekannte und erhalten gebliebene fotografische Dokumentation der Massenvernichtung auf dem Gelände der Mordfabrik in Auschwitz-Birkenau. Aus technischen Gründen konnten sie nur Motive im Freien dokumentieren. Die Fotografien entstanden nur wenige Wochen vor der Beseitigung der Verbrennungsgruben Anfang September 1944. Seit Bekanntwerden dieser Quellen gehören sie zu den am häufigsten publizierten, interpretierten und kontrovers diskutierten Aufnahmen der Bildgeschichte von Auschwitz, obwohl das schreckliche Beweismittel auch die Frage provozierte, ob und in welchem Kontext es gezeigt werden darf.

Einzelne oder mehrere  Sonderkommando-Fotografien  wurden seit Kriegsende in Buchveröffentlichungen, Bildbänden, Foto-Ausstellungen, Präsenzausstellungen in Museen (z. B. in der ersten Ausstellung des 1947 gegründeten Auschwitz-Museums), in der Presse, in Film und Fernsehen (Alain Resnais „Nacht und Nebel“ 1956; in „Holocaust“ 1978 als SS-Foto ausgegeben ) und sogar im Comic („Bearers of Secrets“ von M. Galek und M. Pyteraf, 2013) gezeigt oder deren Entstehung rekonstruiert. Ein Foto wurde sogar seit 1952 im Museum Auschwitz als Postkarte verkauft (s. Paweł Szypulskis Fotobuch „Greetings from Auschwitz“, 2015). Vier Jahre zuvor war es bereits im viersprachigen 21 Fotos und Zeichnungen enthaltenden Bildkartenband „Oswiecim-Brzezinka“ enthalten, der in einer Auflage von 2500 Exemplaren in Krakau herausgegeben wurde.

Postkarten-Sammlung, Archiv A. Kilian

Der französische Kunsthistoriker und Philosoph Georges Didi-Huberman schrieb über die Sonderkommando-Fotografien 2003 ein umfangreiches Buch (dt. „Bilder trotz allem“, 2007). Sein darin enthaltener und schon 2001 erschienener Katalogbeitrag zur Ausstellung „Mémoire des camps“ wurde scharf angegriffen, unter anderem von dem „Bilderkritiker“ Claude Lanzmann (art press No. 298, 2005), der die im Weiteren zu untersuchende Darstellung des ehemaligen Auschwitz-Häftlings David Szmulewski mit unsinnigen Argumenten polemisch verteidigte.

Im polnischen Film „Das Ende unserer Welt“ von Wanda Jakubowska (1964) sieht man einen Häftling der Widerstandsbewegung mit um den Bauch geschnallter Kamera an verschiedenen Stellen im Lager wie auch fälschlicherweise an Scheiterhaufen Geheimaufnahmen anfertigen. Die Sonderkommando-Fotos werden in diesem Zusammenhang sogar eingeblendet. Im ungarischen Spielfilm „Son of Saul“ von László Nemes (2015) tarnen zwei Sonderkommando-Häftlinge die Foto-Aktion durch die Reparatur eines Türschlosses an der Gaskammertür, ein Schloss, das es gar nicht gab. Der Fotograf hockt im Film zwei Meter vom Türrahmen entfernt in einem dunklen Raum, während der zweite Häftling den Aufnahmebereich versperrt. Bei allem Verständnis für künstlerische Freiheit sind dies nur zwei Bespiele für die unseriöse Auseinandersetzung mit einem der bedeutendsten Widerstandsakte im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau.

Unbestritten ist jedoch, dass die Aufnahmen unter Todesgefahr nur zu dem Zweck angefertigt wurden, die Öffentlichkeit über das grauenhafte Verbrechen zu informieren. Fest steht auch, dass die Beweise nur im Innern der Vernichtungseinrichtungen von den isolierten Häftlingen des Sonderkommandos beschafft werden konnten. Trotzdem war jahrzehntelang die Frage nach der Urheberschaft dieser Fotografien ungeklärt, und die selbsternannten Autoren waren umstritten, vielleicht auch deshalb, weil die überwiegende Mehrheit des Sonderkommandos als Geheimnisträger ermordet wurde und ein Mangel an Zeugen die Aufklärung erschwerte. Die Schwierigkeit in der Darstellung konspirativer Arbeit liegt zudem darin, dass deren Akteure grundsätzlich nur einen Ausschnitt bezeugen können und die Rekonstruktion deshalb häufig auf der Basis von Vermutungen, im schlimmsten Fall sogar übertriebener Selbstdarstellung, beruht. Letzteres traf im Fall des ehemaligen Auschwitz-Häftlings und Mitglieds der jüdischen Lagerwiderstandsbewegung, Dawid Szmulewski, zu, der sich als Autor der Aufnahmen ausgab.

Anschauliches Heldentum (die 50er und 60er Jahre)

 

Ein Jahr nach Entstehung der Fotografien waren nur drei Motive bekannt, zwei der Aufnahmen wurden schließlich in der polnischen Zeitschrift Przekrój (Nr. 14, 15-21 VII) mit der Anmerkung veröffentlicht, dass „Dawid“, Mitglied einer geheimen Organisation von politischen Gefangenen, die Fotos im „Juni 1944“ unter der Jacke versteckt aus dem Lager geschmuggelt hätte. In den ersten Berichten nach der Befreiung, der 2. Ausgabe der Tageszeitung „Dziennik Polski“ vom 5. Februar 1945 (in der ein Foto der Kläranlage mit den Worten „Becken zum Verbrennen der Leichen“ untertitelt wird) sowie dem kurz darauf entstandenen 22 minütigen sowjetischen Propagandafilm „Oswiecim“ wurden die Fotos allerdings noch nicht berücksichtigt.

Artikel in der „Dziennik Polski“ vom 5. Februar 1945, Archiv A. Kilian

Szmulewskis Version folgte der Untersuchungsrichter im Warschauer Höß-Prozess, Dr. Jan Sehn, der zudem mit ihm im Nachkriegspolen zusammenarbeitete und auch befreundet war. Sehns Studie „Konzentrationslager Oswiecim-Brzezinka“ erschien mit der falschen Behauptung, Szmulewski habe als Angehöriger der Widerstandsbewegung die Aufnahmen „im August 1944“ selbst gemacht, 1957 auch in deutscher Sprache. Zwei Jahre zuvor wurde diese Version bereits in der ersten systematischen Darstellung der Lagerhistorie in deutscher Sprache, herausgegeben von der „Zentralkommission für Untersuchung der Nazi-Verbrechen in Polen“ [sic!], verbreitet. Darin wird allerdings fälschlicherweise behauptet, Szmulewski habe „damals beim Sonderkommando“ gearbeitet. Ota Kraus‘ und Erich Kulkas frühe Darstellung „Die Todesfabrik“, die 1957 erstmals in deutscher Sprache veröffentlicht wurde, schreibt Szmulewski die Urheberschaft der Fotografien zu, im selben Jahr auch das von Tadeusz Holuj herausgegebene Buch „Achtung! Oswiecim“ sowie Israel Gutmans Werk „Anaschim Wa-Efer“ (Hebr. „Menschen und Asche“). Der 1959 dreisprachig in Warschau herausgegebene Bildband „Wir haben es nicht vergessen“ ordnet eine Fotografie namentlich Szmulewski zu (er wird zudem im Fotonachweis genannt), 1960 der polnische Band „Martyrium der Juden in Polen“ zwei Fotos, die schließlich in Gerhard Schoenberners Buch „Der gelbe Stern“ übernommen wurden. In der 1962 herausgegebenen Anthologie „Auschwitz – Zeugnisse und Berichte“ lautet die auf Szmulewski hinweisende Bildunterschrift: „Diese Aufnahme wurde illegal von einem Häftling gemacht, der als Dachdecker arbeitete.“  Im Hauptverfahren des 1. Frankfurter Auschwitz-Prozesses sagte am 29. Mai 1964 der Zeuge Alfred Woycicki aus, dass er die Aufnahmen von den Verbrennungsgruben selbst entwickelt habe. Den geheimen Auftrag habe er als im Erkennungsdienst eingesetzter Häftling bekommen. Die Fotos hätte Szmulewski gemacht. In den fast identischen Vorvernehmungen des Zeugen vom 25. November 1959 und 9. April 1963 finden sich diese Angaben nicht. Dafür handelt die Hälfte des Vernehmungsprotokolls Szmulewskis vom 13. Juli 1961 von seiner Autorenschaft. Die Angaben bestätigte er in seiner erneuten Vernehmung am 26. Februar 1962. In den Zeugenstand trat er letztlich aber nicht.

In der Publikation des American Jewish Congress „Congress Bi-Weekly“ vom 4. Januar 1965 schrieb der Journalist und Poet S. L. Shneiderman in seinem Artikel “Photos from the Auschwitz Hell” im Zusammenhang mit dem Auschwitz-Prozess ausführlich über den Fall Szmulewski. Er behauptete, dass dieser die Fotos mit einer Leica und „Teleobjektiv“ durch ein Loch im Dach der Gaskammer gemacht hätte. Das Sonderkommando habe absichtlich das Dach des Krematoriums beschädigt, um dem „Dachdecker“ Szmulewski zu erlauben, das Gelände zu betreten. Die Geschichte erregte Aufmerksamkeit und wurde schließlich in der Presse kolportiert, unter anderem in der „National Jewish Post“ vom 15. Januar 1965.

In Anlehnung an Shneiderman widmet der Schriftsteller Yuri Suhl 1967 der abenteuerlichen Version in seinem Buch „They fought back“ ein ganzes Kapitel. Grundlage dafür war Suhls Interview mit Szmulewski anlässlich der Verleihung seines im Januar 1960 empfangenen höchsten polnischen Militärverdienstordens Virtuti Militari für „Mut und Heldentum“. Weiter heißt es: „Er vergrößerte das mittlere Knopfloch seiner Häftlingsjacke um das Objektiv durch zu schieben, während der Rest der Kamera unter der Jacke verborgen blieb. Dann kletterte er auf das Dach und machte sich an die Arbeit. Er war in der Lage, unbemerkt drei Schnappschüsse zu machen.“ Ohne die Quelle zu benennen übernahm 1974 der Journalist Reuben Ainsztein die Suhlsche Fassung in seiner umfangreichen historiographischen Studie „Jüdischer Widerstand im deutschbesetzten Osteuropa während des zweiten Weltkriegs“.

Distanzierung (die 70er Jahre)

 

Hermann Langbein schreibt 1972 in seinem Werk „Menschen in Auschwitz“ differenziert, dass Szmulewski den Auftrag erhalten hätte, „Fotografien von der Vernichtung zu beschaffen“. Wer „vom Dach eines Krematoriums aus“ Aufnahmen gemacht habe, lässt Langbein offen. Er irrt aber in der Verortung des Fotografen. Zurückhaltend war auch die Darstellung in den Publikationen des Staatlichen Museums Auschwitz: Während in dem 1961 von Kazimierz Smolen herausgegebenen Büchlein „Auschwitz 1940-1945“ noch auf den Abdruck der Fotos verzichtet wurde, aber „von einem Häftling gemachte Aufnahmen“ erwähnt werden,  ist 1972 in der deutschen Ausgabe des Dokumentenbands „Inmitten des grauenvollen Verbrechens“ davon die Rede, dass die Aufnahme(n)  „von Mitgliedern der Widerstandsbewegung im Lager“ erstellt worden seien. 1973 heißt es in dem Band „Auschwitz in den Augen der SS“ sowie 1978 in „Auschwitz – faschistisches Vernichtungslager“ hingegen, dass die Fotos von „einem“ Mitglied der Lagerwiderstandsbewegung aufgenommen worden wären. 1980 wird die Autorenschaft in dem von Kazimierz Smolen herausgegebenen Bildband „KL Auschwitz. Fotografie dokumentalne“ als „unbekannt“ bezeichnet.

Inzwischen war Szmulewski, trotz leitender Funktion in der „Abteilung 7“ der „Milicja Obywatelska“ (seit 1956 Vereinigung des polnischen Innengeheimdienstes und der „Bürgermiliz“) und nach Gerüchten über einen Skandal, politisch untragbar geworden, wurde in Folge antisemitischer Maßnahmen 1968 gezwungen, Polen zu verlassen, und bekam 1971 sogar den Offiziers-Rang aberkannt.  Sein ehemaliger Auschwitz-Kamerad und Verbindungsmann im Lagerwiderstand, Ministerpräsident Cyrankiewicz (1947-1952, 1954-1970; verstorben 1989), dessen Sicherheitschef er zeitweise gewesen war, half ihm in dieser Lage nicht. Cyrankiewicz war im September 1944 neben Stanislaw Klodzinski Verfasser des Kassibers, der die illegalen Aufnahmen kommentierte und derjenige, der behauptet hatte, die Aufnahmen von Szmulewski erhalten zu haben. Die Frage jedoch, wie die Fotos zustande kamen, konnte seinerzeit nicht aufgeklärt werden. In dem 1995 vom staatlichen Auschwitz-Museum veröffentlichten fünfbändigen Standardwerk „Auschwitz 1940-1945“ (seit 1999 auf Deutsch) kommentiert Henryk Swiebocki den Fall abschließend mit den Worten: „Als Dawid Szmulewski nach dem Krieg in Polen war, versuchten Mitarbeiter des Staatlichen Museums Auschwitz mehrfach, die Frage der Autorenschaft der genannten Fotografien definitiv mit Szmulewski zu klären, dies ist ihnen jedoch nicht gelungen.“

Differenziert wird das Ereignis auch in Ber Marks Buch „Megillah Auschwitz“ dargestellt, das nach Marks Tod im Jahre 1966 von seiner Frau Esther fertiggestellt und in Israel erst 1977 veröffentlicht wurde. Mit Hinweis auf eine nicht datierte „Aussage von Alter Feinsilber, B. Mark Archiv“ wird Szmulewski als Schmuggler der Aufnahmen bezeichnet, der Sonderkommando-Überlebende Fajnzylberg sei hingegen in alle Phasen der Operation, die auf dem Krematoriumsgelände stattgefunden hätten, involviert gewesen. Der Name des Fotografen wird jedoch nicht konkretisiert.

Kollektive Ehre (die 80er und 90er Jahre)

 

In diesem Zusammenhang befragten Historiker des Auschwitz-Museums den ebenso wie Szmulewski in Paris lebenden Alter Fajnzylberg Ende Januar 1978 schriftlich zu der Causa. Der neun Monate ältere Fajnzylberg war Szmulewskis Verbindungsmann im Sonderkommando; beide waren ehemalige Spanien-Kämpfer, überzeugte Kommunisten und kamen mit demselben Transport aus Compiegne Ende März 1942 nach Auschwitz (H.-Nr. 27675 und 27849). In seinem Antwortbrief vom 12. Mai 1978 bezeichnet Fajnzylberg  sich als „Co-Autor“ der Aufnahmen und schreibt, dass eine Gruppe von vier bis fünf Personen, darunter „Alex aus Griechenland, Szlojme Dragon und sein Bruder Josel“  an der Erstellung der Fotos beteiligt gewesen seien: „Die Fotos wurden direkt von Alex aus Griechenland aufgenommen (den Nachnamen erinnere ich nicht).“ Er habe schließlich im Männerlager B II d die Aufnahmen an Szmulewski übergeben. Laut Fajnzylberg sei erwähnter Alex bei einem Fluchtversuch während der Spurenbeseitigung von Menschenasche an der Weichsel getötet worden.

   

Abraham Dragon (1919-2011) und Shlomo Dragon (1922-2001), Ramat Gan © A. Kilian 1995          

Erste konkrete Zweifel an Szmulewskis Darstellung wurden 1979 von der Auschwitz-Überlebenden und Historikerin Tzipora Hager Halivni (1929-2008) in den Jewish Social Studies 41, no. 2, öffentlich gemacht.  Sie stützte ihre Behauptungen auf ein persönliches Gespräch mit Fajnzylberg und Tadeusz Holuj, einem führenden Mitglied der Kampfgruppe Auschwitz, sowie auf Untersuchungsergebnisse von Foto-Analysten.  In der überarbeiteten Edition des von Peter Hellman herausgegebenen französischen „Auschwitz-Albums“ (1983) wird angemerkt, dass das Staatliche Auschwitz-Museum seine Auffassung, wer der Autor der Aufnahmen sei, revidiert habe, „und nun wirklich niemand weiß, wer diese Bilder gemacht hat“.

Nach Veröffentlichung von Szmulewskis Erinnerungen in jiddischer Sprache („Erinnerungen an den Widerstand in Auschwitz-Birḳenau“, 1984) bekräftigte der ehemalige Sonderkommando-Häftling Alter Fajnzylberg während eines Besuchs in der Gedenkstätte Auschwitz im September 1985 seine eigene Version. In seiner Aussage gibt er an, dass unter den Eingeweihten Alex der Einzige gewesen sei, der eine Fotokamera bedienen konnte. Zugleich betont er, dass die anderen Beteiligten während der Aktion aufgepasst hätten: „So können wir sagen, dass die Fotos kollektiv gemacht wurden, obwohl der griechische Jude Alex physisch den Auslöser der Kamera gedrückt hat.“

Im selben Jahr erhielt das Auschwitz-Museum erstmals einen unbearbeiteten Satz der Fotografien aus dem Nachlass der Witwe des ehemaligen Widerstandsaktivisten Wladyslaw Pytlik (1922-1984), Danuta Pytlik (1922-1985, geb. Bystron). Der unter dem Pseudonym „Birkut“ bekannte Leiter der lokalen Widerstandsgruppe PPS Brzeszcze musste im September 1944 selbst nach Krakau flüchten, um dort unterzutauchen. Er sorgte dafür, dass die Aufnahmen nach Krakau kamen. Anlässlich seiner Zeugenaussage vor Mitarbeitern des Auschwitz-Museums im Oktober 1960 legte er drei Abzüge der bereits bekannten Sonderkommando-Fotografien vor. Wesentlicher Unterschied zu den Abzügen von 1947 war, dass sie nicht retuschiert wurden. Im Gegensatz zu ihnen waren die 1985 vorgelegten Abzüge nicht beschnitten und sieben an der Zahl. Die neuen Abzüge belegten zweifellos, dass Szmulewskis ursprüngliche Darstellung nicht der Wahrheit entsprechen konnte, da sie den Standort des Fotografen am Boden durch sichtbare Türrahmen und in zwei Fällen durch Bäume im Bild viel deutlicher erkennen ließen. Bis dahin waren auf den bekannten Abzügen der Gruben-Fotos entweder nur das Ende eines Dachbalkens, ein schmaler Teil des linken Türrahmens, oder scheinbar der Teil eines Kopfes am linken Türrahmen zu erkennen. Drei Jahre später schreibt der Auschwitz-Historiker Henryk Swiebocki im 19. Band der „Hefte von Auschwitz“ (erst 1995 ins Deutsche übersetzt) erstmals die Fotos offiziell „den jüdischen Häftlingen des Sonderkommandos“ zu.

Aufnahme-Ort der illegalen Fotografien bei Krematorium IV, © A. Kilian 2004

In Jean-Claude Pressacs Veröffentlichung von „Auschwitz: Technique and Operation of the Gas Chambers“, die erstmals eine unbearbeitete Fassung der Aufnahmen zeigte, wurde 1989 zunächst Szmulewskis Version dahingehend relativiert, dass er die Fotos zwar nicht selbst gemacht habe, aber vor Ort dabei gewesen sei. Er habe die Kamera an einen Sonderkommando-Häftling übergeben, Wache gestanden und nach der Aktion die Kamera wieder an sich genommen. Diese konstruierte Version beruht auf einem nicht näher belegten Gespräch Pressacs mit Szmulewski aus dem Jahre 1987, widerspricht seiner früheren Darstellung und berücksichtigt weder die Gegendarstellung Fajnzylbergs noch den Widerspruch Halivnis. Insbesondere ist zweifelhaft, dass ausgerechnet während einer Vernichtungsaktion das Dach repariert werden sollte und Außenstehenden Zutritt gewährt wurde. Zum Zeitpunkt der Aktion soll Szmulewski zudem als Schreiber und nicht als Dachdecker beschäftigt gewesen sein. In seinem zweiten Buch „Die Krematorien von Auschwitz“ (1994) ordnet Pressac ein Foto „einem unbekannten Mitglied des Sonderkommandos“ zu.

Seit Teresa Swiebockas Veröffentlichung der polnischen Ausgabe von „Auschwitz: A History in Photographs“, 1990, und erst nach Szmulewskis Tod am 15. Januar 1990 gilt Fajnzylbergs Darstellung als anerkannte Sichtweise, derzufolge ein Grieche aus dem Sonderkommando namens „Alex“ den Auslöser der Kamera betätigt habe. Ein Auszug seiner Aussage aus dem Jahre 1985 wird in diesem Bildband erstmals zitiert.

Diese Version findet sich zudem seit 20 Jahren im Sammelband „Auschwitz. Nationalsozialistisches Vernichtungslager“ (Beitrag Barbara Jarosz‘s über den Lagerwiderstand, seit 1997 in dt. Sprache, jedoch noch unter Einbeziehung Szmulewskis), seit 1996 in der überarbeiteten deutschen Edition der Sonderkommando-Handschriften „Inmitten des grauenvollen Verbrechens“ und seit 1999 in Band IV von „Auschwitz 1940-1945“ (Henryk Swiebockis Beitrag zur „Sammlung von Beweisen“) wieder.

Auf den Gedenktafeln in der Nähe des Originalschauplatzes ist diese Version seit 1995 festgeschrieben.

Gedenktafeln mit Erwähnung von „Alex“ Autorenschaft, Brzezinka © A. Kilian 1997


Keine restlose Aufklärung (von der Jahrtausendwende bis in die Gegenwart)

 

Fajnzylbergs Darstellung konnte jedoch bislang durch andere Augenzeugen-Berichte auch nicht bestätigt werden. Shlomo Dragon gab in Gideon Greifs Interview-Sammlung „Wir weinten tränenlos…“ (1995) lediglich an, eine Kamera von Fajnzylberg erhalten und diese versteckt zu haben.  In seinen ersten Aussagen am 26. Februar und 11. Mai 1945 erwähnte er dies nicht, allerdings gab Fajnzylberg am 16. April 1945 zu Protokoll, dass er es gewesen sei, der den Fotoapparat vergraben habe. Der wahrscheinlich Einzige, der den tatsächlichen Hergang der Aktion bezeugen konnte, der Fotograf „Alex“ Alberto Errera, wurde nachweislich am 9. August 1944 während eines Fluchtversuchs von der SS ermordet, so wie es Fajnzylberg 1978 angegeben hatte. Den unplausiblen Ablaufschilderungen von Szmulewski und Fajnzylberg oder der Interpretation von Stanislaw Gwizdka (siehe MB der LGA 2015, S. 32f.) konnte durch einen unmittelbaren Augenzeugen daher nicht mehr widersprochen werden.  Auch Fajnzylberg unternahm einen Fluchtversuch. Im September 1944 wurde er jedoch aufgehalten und überlebte nur, weil die Flucht von der SS nicht als solche erkannt wurde.

Die Widerstandsaktionen auf dem Krematoriumsgelände waren vielfältig und komplex, der konspirative Charakter der Tätigkeiten verhinderte jedoch in den meisten Fällen ihre lückenlose Aufklärung. Häufig kannten Aktivisten nur ihren direkten Verbindungsmann, ihre Aufgaben waren begrenzt. Die Durchführung von illegalen Aktionen war nicht zuletzt aus Sicherheitsgründen arbeitsteilig organisiert.  Selbst wenn mehrere Häftlinge in die Aktion involviert gewesen wären, ist Fajnzylbergs Behauptung eines „Autorenkollektivs“ fragwürdig.

Der ursprünglichen, längst nicht mehr haltbaren Version Szmulewskis folgen zum Teil bis in die Gegenwart einige wenige Journalisten, Schriftsteller (z. B. Claude Lanzmann und Christopher Hitchens) und Historiker, so auch Gideon Greif und Itamar Levin in ihrem im Oktober 2015 erschienenen Buch „Aufstand in Auschwitz“. Die beiden renommierten Historiker datieren die Fotos fälschlicherweise auf Juni 1944, behaupten zudem, dass Abzüge der Aufnahmen 1944 in Birkenau vergraben worden seien. Sie verwechseln hier offenbar die Sonderkommando-Fotografien mit den 1946 ausgegrabenen Fotos der Zentralbauleitung des Lagers.

Ort der Verbrennungsgruben und Schauplatz der Fotografien bei Krematorium IV, © A. Kilian 2004

In der im Frühjahr 2016 vorgelegten Untersuchung „Matters of Testimony“ ziehen die beiden Historiker Nicholas Chare und Dominic Williams die in der Sonderkommando-Monografie „Zeugen aus der Todeszone“ 2002 erfolgte Identifizierung von „Alex“ als Alberto Errera in Zweifel. Sie begründen dies mit der Annahme, dass es bei Fajnzylberg im Hinblick auf Erreras Bekanntheitsgrad im Sonderkommando unwahrscheinlich sei, dessen Identität zu vergessen. Dabei berücksichtigen sie jedoch nicht, dass Fajnzylberg Erreras Person eindeutig identifiziert hatte, sich nur nicht mehr an dessen Nachnamen erinnern konnte. Chare und Williams betrachten Alex als „unbekannten griechischen Juden aus dem Sonderkommando“, obwohl am 13.  Juni 2014 Alban Perrin auf dem internationalen Kolloquium “Écritures de la destruction” in Paris die Identifizierung Erreras in seiner Präsentation der Memoiren Fajnzylbergs bestätigt hat.  Die in vier Heften auf Polnisch verfassten undatierten Erinnerungen werden seit November 2014 unter dem Titel „Cahiers d’alter: Ce que j’ai vu à Auschwitz“ angekündigt und ihre Veröffentlichung seitdem (zuletzt für Ende August 2016 geplant) verschoben.

Jeden einzelnen Schritt von der Beschaffung der Fotokamera bis zum Schmuggeln der Aufnahmen aus dem Lager rekonstruieren zu wollen, ist utopisch. Die überlieferten Zeugenberichte zu diesem Thema sind sehr widersprüchlich, eine kritische Prüfung daher notwendig.  Wahrscheinlich behält die 98-jährige Auschwitz-Überlebende Helen Tichauer (geb. Spitzer), die mit dem zweiten Transport slowakischer Jüdinnen im März 1942 nach Auschwitz deportiert wurde (H.-Nr. 2286), recht, wenn sie sagt: „Widerstand war solch ein geheimer Akt, dass man es nicht bezeugen konnte. Die wahren Widerständler waren unsichtbar.“


(Letzte Änderung: 09.12.2019)


Hinweis:

 

Dieser Artikel ist mit zum Teil anderem Bildmaterial versehen in folgender Ausgabe des Mitteilungsblatts der „Lagergemeinschaft Auschwitz – Freundeskreis der Auschwitzer“ erschienen:

Kilian, Andreas: Zur Autorenschaft der Sonderkommando-Fotografien. In: Mitteilungsblatt der Lagergemeinschaft Auschwitz, Freundeskreis der Auschwitzer, 36.Jg., H. 1 (2016), S. 7-17.

Der Autor dankt der Lagergemeinschaft Auschwitz, Freundeskreis der Auschwitzer e.V., Münzenberg, für die Zustimmung zur Veröffentlichung des Artikels auf www.sonderkommando-studien.de.




Zeuge des Widerstands in Auschwitz-Birkenau

 

Von Andreas Kilian

 Der im Folgenden abgedruckte Zeitzeugen-Bericht wurde von dem ehemaligen Auschwitz-Häftling Stanislaw Gwidzka im Jahre 1988 verfasst, nachdem er von Mitgliedern der Lagergemeinschaft Auschwitz dazu motiviert worden war.

Der kurze Bericht mit dem Titel „Das Heldentum der Besatzung des Krematoriums, 7.10.1944, Der Aufstand im Sonderkommando Auschwitz-Birkenau“ befindet sich im Archiv des Vereins und wird seit 1989 als zeithistorisches Dokument u.a.  in den Sammlungen des USHMM (Washington, USA) und des Moreshet Archive/ Mordechai Anielevich Memorial (Givat Haviva, Israel) aufbewahrt.

Stanislaw Gwidzka, am 26. März 1922 in Lodz geboren, wurde aus „politischen“ Gründen am 17. März 1943 im Alter von 21 Jahren von der Gestapo verhaftet und am 6. Mai 1943 mit seinem Bruder und seiner Schwester ins KL Auschwitz eingewiesen. Er erhielt die Häftlingsnummer 120165. Von Beruf Klempner und Dachdecker, gelang es ihm nach einiger Zeit, vom „Arbeitsdienst“ in das 30 bis höchstens 60 Mann starke privilegierte „Dachdecker-Kommando“ überstellt zu werden. Sein großer Arbeits-Einsatzbereich ermöglichte Gwidzka eine Bewegungsfreiheit, die den meisten Häftlingen verwehrt blieb. Er wurde Zeuge von außergewöhnlichen Ereignissen, darunter offenbar vom Aufstand des Sonderkommandos auf dem Gelände des ersten Birkenauer Krematoriums am 7. Oktober 1944 sowie eines Filmschmuggels vom Gelände des dritten Birkenauer Krematoriums im Juni 1944. Interessant ist der Bericht auch in Gegenüberstellung mit anderen Zeugenaussagen.

Die erfolgreiche Flucht der beiden im Bericht benannten Widerstandsaktivisten im Dachdecker-Kommando, Konstanty Jagiello („Kostek“; Häftl.-Nr. 4507) und Tomasz Sobanski (Häftl.-Nr. 13609) erfolgte am 27. Juni 1944. Sobanski beschrieb in seinen Erinnerungen „Fluchtwege aus Auschwitz“ 22 Jahre später, was sie bei ihrer Flucht dabeihatte: „Ein[en] Arbeitsanzug unter der gestreiften Häftlingskleidung, Dokumente, Fotonegative, eingenäht in den Hosen (…)“. Um welche Fotomotive es sich dabei handelte, bleibt offen. Am 29. Mai 1964 gab der Zeuge Alfred Wojcicki (Häftl.-Nr. 39247), der im Erkennungsdienst der Lagergestapo eingesetzt war, im Frankfurt Auschwitz-Prozess folgendes zu Protokoll: „(…) aus Birkenau schickte man mir das Filmband, das einer der Häftlinge fotografiert hatte (…) und ich entwickelte dieses Band, selbstverständlich im Geheimen. (…) Nachdem der Film entwickelt wurde, schickte man ihn nach draußen, nach Krakau.“ Die Versendung der sieben belichteten Negative ist durch die erhalten gebliebene Nachricht der Untergrundaktivisten Józef Cyrankiewicz („Rot“; Häftl.-Nr. 62933) und Stanisław Kłodziński („Staklo“; Häftl.-Nr. 20019) vom 4. September 1944 dokumentiert: „(…) Schickt die beigefügten Aufnahmen unverzüglich an Tell – wir sind der Auffassung,  die vergrößerten Fotos sollten weitergeleitet werden.“  Vermutlich über die in der SS-Kantine eingesetzte Zivilarbeiterin Helena Szpak-Danton („Lech“) und über das Leitungsmitglied einer Widerstandsgruppe in  Brzeszcze namens Wladyslaw Pytlik („Birkut“) gelangten die Negative schließlich nach Krakau. „Tell“ – Teresa Łasocka-Estreicher vom konspirativen Hilfskomitee in Krakau rettete die Aufnahmen, konnte sie jedoch wahrscheinlich nicht mehr an die Alliierten weiterleiten.

Die Urheberschaft der Aufnahmen konnte inzwischen entgegen der Darstellung Dawid Szmulewskis (Häftl.-Nr. 27849) dem griechischen Widerstandsaktivisten im Sonderkommando, „Alex“ Alberto Errera (Häftl.-Nr. 182552), zugeschrieben werden. Er drückte den Auslöser, während seine Kameraden aus dem Sonderkommando, Alter Fajnzylberg (Häftl.-Nr. 27675) sowie Shlomo und Abraham Dragon (Häftl.-Nr. 80359 und 80360) die Umgebung sicherten. Errera wurde am 9. August 1944, nur einen Monat vor der Versendung des Kassibers, bei einem Fluchtversuch erschossen. Ob die Aufnahmen Gwidzka zufolge bereits im Juni 1944 erstellt wurden oder erst einen Monat später, kurz vor dem geplanten aber schließlich annullierten Aufstands-Termin des Sonderkommandos im Juli 1944, ist eine andere Frage. Möglicherweise stand die Anfertigung der Geheimaufnahmen auch im Zusammenhang mit dem Beginn der großen Offensive der Roten Armee am 22. Juni 1944 („Operation Bagration“), dem Beginn der „Aktion Burza“ der Polnischen Heimatarmee (AK) Ende Juli 1944 sowie der Festlegung eines Aufstands-Termins des Sonderkommandos. War doch zu erwarten, dass mit dem Herannahen der Front die Beweise der Massenmorde beseitigt und nach einem Aufstand des Sonderkommandos keine konspirativen Aktionen dieser Art mehr möglich sein würden.


(Letzte Änderung: 09.12.2019)

Hinweis:

 Dieser Artikel ist mit zum Teil anderem Bildmaterial versehen in folgender Ausgabe des Mitteilungsblatts der „Lagergemeinschaft Auschwitz – Freundeskreis der Auschwitzer“ erschienen:

Kilian, Andreas: Zeuge des Widerstands in Auschwitz-Birkenau. In: Mitteilungsblatt der Lagergemeinschaft Auschwitz, Freundeskreis der Auschwitzer, 35.Jg. (2015), S. 32-34.

Der Autor dankt der Lagergemeinschaft Auschwitz, Freundeskreis der Auschwitzer e.V., Münzenberg, für die Zustimmung zur Veröffentlichung des Artikels auf www.sonderkommando-studien.de.




Acts of Resistance

 

by Judith Lermer Crawley

In Sept 2002, I traveled to Poland with my older brother George (born Oct 1939 in Poland early in World War II) and our friend, Eda (born Nov 1945 in Lodz, Poland after the War) to visit the places and streets where our parents grew up, as well as Auschwitz Birkenau, a destination they narrowly evaded. Others in our families did not.

As we walked through one of the barracks of Auschwitz, now a museum, I noticed Eda passing a unique and startling hazy image. The photograph jumped out at me. The caption stated:  Auschwitz II Birkenau 1944: Burning Dead Bodies. I wondered: did the Nazis take this photo?  The guidebook added, about this and two other photos: “taken in secret and at great risk by one of the camp inmates in 1944, they show some women being driven into the gas chamber and the burning of the corpses on the funeral pyre.”  (2)

Perplexed, I wanted to know more: given the brutal conditions and reality of Auschwitz Birkenau life, how was it possible for an inmate to take (or as I used to remind my students, make) a photograph? How could someone have the liberty to hold camera to eye and choose a moment to record? Where did the camera come from? What happened to the photo? How and where was it printed? Were there other photographs? Thus began a research project that took me beyond the resources of the internet to the United States Holocaust Memorial Museum Library and Archives, as well as four local Montreal libraries. Information about the process of making the photographs is sparse and sometimes contradictory. Email exchanges with the Head Archivist at the Auschwitz-Birkenau Museum and a historian in Berlin were very helpful.  In this article, I share with VCTA Newsletter  (3) readers what I learned about the only known photographs taken by prisoners working in the crematoria in concert with the Camp resistance. Working on this project, I became aware of the extent of complicated underground resistance activity carried on by both women and men in (and around) the Camp – a fascinating study; unfortunately, I also encountered the ferocity of holocaust deniers, driving much of the work of historians to counter their claims.

© Judith Lermer Crawley 2002

Variously referred to as one of the “famous Polish Resistance photographs” (4), Sonderkommando photographs (5), and “so-called” Sonderkommando photographs (6),  the photo on the wall as reprinted in the photograph above is only part of the original – cropped to highlight the “interesting” part – the horrific activity occurring when the numbers of bodies to be cremated reached a peak in mid-August 1944.  (7)

   

Frequently reproduced to highlight their content, these photographs differ from those made by SS photographers of early prisoners, construction scenes and the arrival of the Hungarian Jews in the spring of 1944. However, the full uncropped version (8) “makes it possible to identify and precisely locate the scenes and the position of the photographer,” (9)  underscoring the point of view of the photographer hiding inside the crematorium doorway. “To reframe it is to act as if Alex [the photographer] were able to take the photograph freely in the open air.”  (10) Four photographs in all were “snapped” – another from within the doorway and two out in the open clearly shot “from the hip.”

   

Jean-Claude Pressac, who began his research as a Holocaust denier, but renounced his position, uses the photos to determine specific facts about the place and operation underway.  Most significant for me: though one person pressed the shutter to record the images, the taking / making of the photos was a collective action. The elaborate plan involved many people and points to the extent of careful organized underground resistance activity at Auschwitz.

Several members of the Sonderkommando squads of mainly Jewish prisoners working in the crematoria who were responsible for emptying the gas chambers and burning the corpses, (11) “beginning with those of its predecessors” (12), were desperate “to record the crimes committed by the Germans in the Auschwitz gas chambers.” (13) The evidence of photographs would warn others to resist getting on the trains and attract the attention of the Allied forces.

A camera in Auschwitz

 

Information about how the camera was obtained is contradictory – one source claims that a “Polish civilian worker Modarski, who worked on the grounds of the camp, smuggled a camera into the camp…concealed in a double-bottomed cauldron full of food, which was delivered to the Sonderkommando.”   (14) It may have been obtained from within the camp; the resistance movement ordered their “comrades in “Canada,”(15) whose job it was to classify the victims’ belongings, to locate a camera.”  (16)  Or “even the Sonderkommando had the possibility to take a camera from the undressing rooms,” since the victims arrived in Auschwitz with valuables, including money, jewelry, small bags, and other belongings. “It is quite possible that the camera came from the Lodz transports” (17) – the city my parents fled on Aug 31, 1939, the night before Hitler invaded Poland.

In a 1987 interview,  (18) former Spanish Freedom fighter and anti-Fascist David Szmulewski claimed that prisoners damaged the roof of the crematorium to create a need for a repair team. “Working as a roofer, Szmulewski had more access and freedom to move around the camp without being suspected by the guards.”  (19) He lowered the camera, hidden in a false bottom of a bucket, into the crematorium to members of the Sonderkommando below and then kept watch from the roof. Alter Fajnzylberg, from France and also a Spanish Civil War veteran, testified (20) in 1985 that four people were present: he and brothers Szlomo (Szlojme) and Josek (Abram) Dragon, at Auschwitz since Dec 1942,  (21) guarded and determined the moment when Alberto “Alex” Errera,  (22) a Jew from Greece, “quickly took out his camera and pointed it toward a heap of burning bodies and pressed the shutter.”  (23) Then the photographer hid between some trees in the courtyard and another picture was taken as the women and men undressed in front of the trees. Alex “tried to escape shortly after the event and was shot at the beginning of September 1944.” (24)

“The exposed film was taken back to the main camp where Helena Szpak-Daton, who worked in the SS canteen, concealed it in a toothpaste tube and smuggled it out of the camp”  (25) on September 7, 1944. A secret message, addressed to the PPS (Polish Socialist Party) Brzeszcze Group leadership, was handwritten in Polish (26) by Józef Cyrankiewicz and Stanislaw Klodzinki (active in the left-oriented Polish resistance movement at Auschwitz ): (27)

“We are sending you pictures from Birkenau, from a gassing operation. The picture shows one of the pyres in the open air, on which corpses are burned, when the crematorium cannot keep up with the burning. In front of the pyre lie corpses, waiting to be thrown on the pyre. The other picture shows one of the places in the little woods, where people undress supposedly for a shower, and then go to the gas. Send the enclosed pictures immediately to “Tell.” The pictures can be enlarged and, we feel, be sent further on.” (28 )

Schauplatz einzelner Fotografien (hinter den vorderen Bäumen) auf dem Hof von Krematorium IV, © A. Kilian 1992

The pyres were in/on huge pits the Sonderkommando had been forced to dig in May 1944  (29) because the Crematorium was not efficient enough. “Tell” was the pseudonym of Teresa Lasocka-Estreicher of the PWOK (Home Army unit in Cracow),  (30) “an active member of the Crakow underground organization Assistance for Concentration Camp Prisoners.”  (31)

“The pictures reached Cracow,”   (32) but not the Polish government-in-exile in London. When they were printed, by whom, or whether in Brzeszcze (7 miles from Auschwitz) or in Crakow, is not certain. Apparently, the negatives never left Teresa Lasocka’s possession. Prints were, however, used in the 1947 (33) Krakow trial of the Main Commission for Investigation of Nazi Crimes in Poland against “40 major Auschwitz criminals.” The original negatives have been lost; the Auschwitz-Birkenau State Museum has two sets of contact prints, those donated in the 1960s by Wladyslaw Pytlik, a member of the Brzeszcze resistance, and the originals in 1985 by his wife, Danuta Pytlik. (34)

This story is rendered even more poignant as we learn the horrific details of the torturous treatment meted out to “Iranian-Canadian photojournalist Zahra Kazemi who died in Iranian custody on July 11, 2003, almost three weeks after she was arrested for taking pictures outside a prison during a student protest in Tehran.” (35) She was “trying to document human rights abuses in Iran.” (36)


notes:

(1) author of: “About Auschwitz”: photographs and information exhibited in Montréal, Québec during the 2003 Annual Vanier Cégep Holocaust Symposium and the 2004 Annual Holocaust Education Series. www.vaniercollege.qc.ca/events/holocaust03/crawley_exhibition.html

(2) Kazimierz Smolen, Auschwitz Birkenau Guide Book, Oswiecim: State Museum, 2002, p 9

(3) “Acts of Resistance,” VCTA Newsletter, 22:6 April 2005, p 13-14, 23, www.vaniercollege.qc.ca/vcta/

(4) Jean-Claude Pressac, Auschwitz: Technique and operation of the gas chambers, New York: Beate Klarsfeld Foundation, 1989, p. 422-42

(5) Dan Stone, “The Sondercommando Photographs,” Jewish Social Studies, Spring 2001, 7:3, p 131-148

(6) Dr Piotr Setkiewicz, Head of Archives, Auschwitz-Birkenau State Museum, email correspondence, March 24, 2005

(7) Pressac

(8) negatives #280, 281, 282A, 283A, Setkiewicz, email correspondence, April 7, 2005. Also, Jean-Claude Pressac, “Auschwitz: Technique and operation of the gas Chambers,” www.mazal.org/Pressac/Pressac0470.htm (3/15/2005)

(9) Pressac

(10) Georges Didi-Huberman. “Images, in spite of all,” lecture given at Northwestern University, Feb 13-18, 2004 www.mauriceblanchot.net/actualites/fev04/gdh/ (322/2005)

(11) www.nizkor.org/faqs/auschwitz/auschwitz-faq-07.html (3/23/2005)

(12) Primo Levi, quoted in Georges Didi-Huberman

(13) Alter Faynzylberg, “Testimonies of Former Prisoners,” Declaration, cxiv. 57-58; Auschwitz State Museum Archives, Auschwitz: A History in Photographs, p 42-3

(14) Setkiewicz, March 24, 2005

(15) The word “Canada,” inmate slang for large storerooms of personal effects stolen from recent arrivals at Auschwitz, symbolized wealth and abundance. During the process of sorting and classifying, workers had the opportunity to “organize” (that is, “lift”)” items; at great personal risk, they contributed precious objects to the underground. Ber Mark, The Scrolls of Auschwitz, Israel: Am Oved Publishers Ltd, 1985, p. 246-7.

(16) Mark

(17) Andreas Kilian, www.sonderkommanndo-studien.de, email correspondence, April 1, 2005

(18) Pressac

(19) The Holocaust Center of the United Jewish Federation of Greater Pittsburgh http://www.ujfhc.net/4-4.html (3/29/2005)

(20) Faynzylberg

(21) Ronit Roccas, ‘We did the dirty work of the Holocaust’: Sonderkommando Auschwitz, May 2, 2000 / haArez www.hagalil.com/shoah/holocaust/greif-0.htm (3/ 21/2005)

(22) Andreas Kilian, Der „Sonderkommando-Aufstand“ in Auschwitz-Birkenau, www.shoa.de/kz_auschwitz_soko_aufstand.html (3/ 29/2005)

(23) Faynzylberg

(24) Kilian, email correspondence, April 8, 2005

(25) Setkiewicz, March 24, 2005

(26) Mark

(27) Danuta Czech, Auschwitz Chronicle 1939-1945, New York: Henry Holt & Co., 1990, p 233. They were also members of the international Auschwitz Combat Group (p. 518-9)

(28) Hermann Langbein, Menschen in Auschwitz, in Setkiewicz

(29) Filip Muller, Eyewitness Auschwitz, New York: Stein and Day, 1979 p 53

(30) Setkiewicz, March 24, 2005

(31) Danuta Czech, p xii

(32) Langbein

(33) Danuta Czech, p xii

(34) Setkiewicz, March 24, 2005

(35) www.cbc.ca/news/background/kazemi/(April 4, 2005)

(36) Janet Bagnall, “Beyond the Law.” The Gazette, Montreal, April 29, 2005, p A23


(Letzte Änderungen: 14.04.2005)

Hinweis:

Der Beitrag wurde erstmals veröffentlicht in:

„Acts of Resistance,“ VCTA Newsletter, 22, 6 April 2005, p. 13-14, 23, www.vaniercollege.qc.ca/vcta/

Zudem wurde der Artikel von Judith Lermer Crawley im Rahmen des 2005 Annual Congress of  Canadian Federation for the Humanities and Social Sciences, London, Ontario/ Canada am 02.06.2005 öffentlich vorgetragen.

Wir danken der Autorin und der Newsletter-Redaktion für deren Zustimmung zur Veröffentlichung des Artikels auf www.sonderkommando-studien.de




münchnernotizen – Magazin für Deutschland, Österreich und Schweiz seit 2000

Der Holocaust, Auschwitz und seine Geschäftemacher 2005

 

von Walter Egon Glöckel

Die Geschichte zeigte, dass das nationalsozialistische Regime unter anderem durch Propaganda und Manipulation groß geworden ist. Ebenso besteht die Tatsache, dass selbst noch aus den Toten der Konzentrationslager Kapital geschlagen wurde und der Umstand, dass es noch Jahrzehnte nach den Greueltaten Subjekte gibt, die den Holocaust in Abrede stellen und von der „Auschwitz-Lüge“ sprechen.

Wir zeigen einen schier unfassbaren Umgang mit der Thematik des Holocaust ausgerechnet in dem Jahr auf, in dem die Menschen dem 60. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz gedenken. Wir stellen unter Beweis, dass Millionen Menschen durch die Darstellung falscher Tatsachen unrichtig informiert wurden, Geschäftemacher mit Bildern des Holocaust viel Geld verdienen und denjenigen damit Nahrung verschafft wird, die der Klientel der „Reformhistoriker“ zuzuordnen sind und von der „Auschwitz-Lüge“ sprechen.

In den letzten Jahren wird zunehmend mehr Qualität im Journalismus gefordert, doch tatsächlich geht es den überwiegenden Anteil der Medien nur um Auflagen und Einschaltquoten – doch die im Folgenden geschilderten Sachverhalte sehen wir sowohl wegen ihrer Inhalte als auch in ihrer unabschätzbaren Tragweite als bedenklichen Höhepunkt.

Die Fakten: Am 27. Januar 1945 erfolgte die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz (Polen) durch die russischen Alliierten. Rund um den 60. Jahrestag der Befreiung des KZ veröffentlichen über einen Zeitraum von etwa 14 Tagen zahlreiche Medien im Print-, online- und TV-Bereich darüber Artikel und Reportagen. Nachdem „Original“- Fotos nur spärlich zur Verfügung stehen, bedient man sich der unterschiedlichen Bildagenturen, die Bilder vom Konzentrationslager Auschwitz gegen Entgelt zur Verfügung stellen. Zur Veröffentlichung, wie könnte es wohl anders sein, gelangen Bilder mit Darstellungen, die schlichtweg schrecklich sind und für sich alleine schon die Frage aufwerfen, ob es denn überhaupt darum geht, sachliche Information zu liefern oder ob durch die Aufbereitung und Verarbeitung der Photos in Verbindung mit Textbeiträgen schlicht nur der Hunger auf Sensationsgeilheit der Konsumenten gestillt wird? Es gab Fälle, in denen das gleiche Bild in unterschiedlichen Medien zeitgleich veröffentlicht wurde. So bringt der STERN in seiner Printausgabe 5/2005 eine mehrseitige Reportage zu dem Konzentrationslager Auschwitz (…).

Der Bildtext (…) spricht vom Krematorium des Stammlagers und weist die Datierung 1941 aus. Auf der nächsten Seite befindet sich ein weiteres, ebenso oftmals gezeigtes Bild, auf dem zwei Häftlinge die Leiche eines ermordeten Mithäftlings zu den Verbrennungsöfen ziehen. Als Bildquelle wird der SV-Bilderdienst genannt. SV-Bilderdienst firmiert als Süddeutscher Verlag Bilderdienst DIZ München GmbH – eine Unternehmung der Mediengruppe Süddeutscher Verlag. Der Anbieter listet unter dem Stichwort „Konzentrationslager“ 231 Photos auf, die Herkunft der gegenständlichen Fotos wurde von Frau Buchholz vom SV-Bilderdienst am 31. März mit „eigenen Beständen der Verlagsgruppe aus der damaligen Zeit“ angegeben. Auf die Frage, ob der Name des Fotographen, der die beiden Aufnahmen gemacht hat, evident ist, erfolgte eine Verneinung mit der Begründung, dass angesichts der Darstellungen auf eine Namenskennzeichnung verzichtet wurde.

(…)

Zweimuffelofen der Topf & Söhne im KL Auschwitz, © A. Kilian 2004

Die Photoserie, die aus mindestens 2 Bildern besteht, die Häftlinge bei der Einbringung einer Leiche darstellen, wobei eines der Bilder auch im STERN 5/2005 abgebildet war, weist folgenden Bildtext des SV-Bilderdienst aus:

„KZ-Häftlinge in Auschwitz – Aufnahmedatum 01.01.1940 – 31.12.1940 Häftlinge des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau mit der Leiche eines ermordeten Mithäftlings vor einem der Verbrennungsöfen. Ort: Auschwitz – Land: Polen.“ Versehen ist das Bild mit den Stichwörtern: Auschwitz-Birkenau Häftling Holocaust Judenvernichtung Konzentrationslager KZ Lager Leiche Menschenrechte Ofen Politik Verbrennungsofen Vernichtungslager.

Ebenso zu dem mehrfach verkauften Bild „Häftlinge mit Zange“ ist folgende Bildbeschreibung vorzufinden: (…)

„KZ-Häftlinge in Auschwitz – Aufnahmedatum 01.01.1940 – 31.12.1940 Häftlinge des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau mit der Leiche eines ermordeten Mithäftlings die sie mit einer eisernen Zange zu einem der Verbrennungsöfen ziehen. Ort: Auschwitz – Land: Polen. Keywords: Auschwitz-Birkenau Häftling Holocaust Judenvernichtung Konzentrationslager KZ Lager Leiche Menschenrechte Ofen Politik Vernichtungslager.“

Laut Frau Buchholz kostet der Bezug der Fotos je nach Verwertung des Beziehers zwischen 50.- und 100.000.- Euro pro Stück. Die muenchnernotizen begannen die Recherchen zu den Bildern bereits Ende Jänner und wollten vorab einfach einmal abklären, wieviel Profit denn mit dem Elend von damals, heute, 60 Jahre später, zu machen sei und gaben bei einer Anfrage an, ein Bild für eine Reportage im Online-Magazin veröffentlichen zu wollen. Wir staunten nicht schlecht, als uns nach aufwendigen Schriftverkehr die Mitteilung des SV-Bilderdienstes erreichte, dass Medien wie unseres, deren Publizierungen, einmal veröffentlicht, immer für den Leser zur Verfügung stünden, grundsätzlich keine Veröffentlichungsrechte bekämen, weil die Berechnung der Gebühren scheinbar nicht in das Kalkulationsprofil der Bildagentur passt.

Es war dem Umstand einer Veröffentlichung der BILD-Zeitung am 26. Januar 2005 zu verdanken, dass wir uns der Thematik überhaupt annahmen. Jetzt, nach 2 Monaten, wissen wir, dass diese Bilder nicht das sind, was sie darzustellen scheinen. Denn sie stammen gar nicht aus dem Konzentrationslager Auschwitz und schon gar nicht aus dem ausgewiesenen Jahr 1940 oder 1941. Es sind allesamt gestellte Aufnahmen, mit denen sich jedoch unter falschen Beschreibungen gutes Geld verdienen lässt. Ob der STERN, die BILD oder zahlreiche andere Medien, alle drucken zum Vernichtungslager Auschwitz Bilder ab, die gar nicht aus Auschwitz stammen. (…)

Die Bilder aus den Serien „Häftlinge vor dem Ofen“ und „Häftling mit Zange“ stammen aus dem Konzentrationslager Dachau.

Werkzeug des Sonderkommandos in Auschwitz, Topf-Ausstellung in Berlin, © A. Kilian 2005

Dazu kommentiert der seit 13 Jahren mit einschlägiger Forschungstätigkeit erfahrene Begründer von Sonderkommando-Studien und Mitautor des Buches „Zeugen aus der Todeszone“ (Barbara Siebert & Eric Friedler), Andreas Kilian, zu den Bildern im Einzelnen:

2 Vorlagen der Bilder „Häftlinge vor dem Ofen“:

„Die beiden Fotos stammen nachweislich aus dem neuen Krematorium in Dachau, wurden kurz nach der Befreiung von Dachau 1945 von den Alliierten aufgenommen und sind mir wohlbekannt. … Zum Zeitpunkt der Aufnahmen waren die Öfen jedoch nicht in Betrieb.“

Zu den abgebildeten Personen befragt, gab Kilian übereinstimmend mit unserer Einschätzung an, nämlich dass diese Personen sehr wahrscheinlich zuvor in anderen Arbeitskommandos tätig waren und begründet dies folgendermaßen:

„Da diese Zwangsarbeiter vor allem in den Krematorien und anderen Einäscherungsanlagen der Vernichtungslager oftmals von Mitgefangenen als Kollaborateure und Täter betrachtet wurden, wäre denkbar, dass die Krematoriumsarbeiter nach Befreiung entweder unerkannt bleiben wollten oder im Hinblick auf ihre schreckliche Zwangsarbeit nicht bereit waren, die Tätigkeit nachzustellen.“

Als Nachweis sei hier ein Dokument der Gedenkstätte Yad Vashem abgebildet, das durch einen Stempel den Herkunftsort Dachau nachweist: (…)

Vorlage des Bildes „Häftlinge mit Zange“ – Bild 3:

„Bild 3 stammt auch aus Dachau und wurde im Durchgang zur Leichenhalle des Krematoriums aufgenommen.“

Dieser Sachverhalt wurde uns am 1.4.2005 ebenso durch eine leitende Mitarbeiterin der Gedenkstätte Dachau, Frau Klara Gissing, wie folgt schriftlich bestätigt:

„Wir können Ihnen mitteilen, dass die Fotos zu Demonstrationszwecken bald nach Befreiung des Konzentrationslagers Dachau aufgenommen wurden.“

Das KZ Dachau wurde am 29. April 1945 durch US-Truppen befreit und somit stammen die Aufnahmen frühestens vom Mai 1945.

Somit ist der Nachweis erbracht, dass der zu der Süddeutschen Verlagsgruppe gehörende SV-Bilderdienst falsch deklarierte Photos gegen Entgelt anbietet. Im Gegensatz zum nächsten Fall wiegt hier jedoch der Umstand schwerwiegend, dass die Bilder aus unternehmenseigenem Besitz herrühren.

Bei dem Fallbeispiel aus der BILD-Zeitung, in der Veröffentlichung vom 26. Januar 2005, Nr. 21/4, liegt der Sachverhalt etwas anders (…).

Unter der Überschrift „Der Kommandant der Hölle“ veröffentlicht das Blatt ebenfalls einen Artikel zu Auschwitz, bei dem verschiedene Bilder gezeigt werden. Wieder ist hier der SV-Bilderdienst genannt, aber das der Recherche zugrunde liegende Bild „Hand aus Ofen“ ist mit der Quelle von AKG (AKG-Images) versehen.

Der Aufmachung der BILD entsprechend, dennoch stimmte unserer Ansicht etwas nicht. Auszug aus dem Begleittext, der in der linken Türe des Verbrennungsofens geschrieben steht: „Verbrennungsöfen in einem Auschwitz-Krematorium. … Aufnahme nach der Befreiung des KZ Januar 1945“

Wir haben daraufhin am 9.2.2005 bei „AKG-Images, Archiv für Kunst und Geschichte“ in Berlin telephonisch nachgefragt und Bedenken hinsichtlich der Darstellung angemeldet und ersuchten um Zurverfügungstellung aller vorhanden Daten zu diesem Bild. Von der Mitarbeiterin, Frau Müller, erfuhren wir, dass dieses Bild zu einem Konvolut gehört, das 1994 durch die Firma erworben wurde. Der Bildbegleittext weist die Datierung „1945 – Auschwitz“ aus. Der Archivar, Herr Raible, könne uns weiterführende Informationen liefern. Also sendeten wir eine schriftliche Anfrage hinsichtlich des Sachverhaltes und der Auskunft seiner Mitarbeiterin und erbaten von ihm weiterführende Informationen. Noch am gleichen Tage traf folgende Antwort ein:

“Leider war es mir nicht möglich, irgendwelche zusätzlichen Informationen zu diesem Foto zu recherchieren. Einen Scan habe ich dieser Mail beigefügt. Die Aufnahme ist natürlich sehr „plakativ“, so dass sich der Verdacht, sie könnte „gestellt“ oder manipuliert sein, geradezu aufdrängt.“

Das war sehr dürftig und angesichts der Sorgfaltspflicht, die auch diese Firma gerade bei so einem solchen Thema, noch dazu als „Zulieferer“ für Medien, nachzukommen hätte, gar nicht denkbar. Deshalb setzten wir ein weiteres Schreiben an den Archivleiter der AKG ab. Wir unterstrichen die Notwendigkeit der Sachverhaltsklärung, woraufhin folgende Antwort eintraf:

“Ich habe mich jetzt noch einmal intensiver mit dieser Aufnahme beschäftigt. Es handelt sich mit großer Sicherheit um ein inszeniertes Foto. Jedoch nicht, um einen Tatbestand vorzutäuschen, sondern um die schrecklichen, tatsächlich stattgefundenen Ereignisse zu verdeutlichen. Ganz offensichtlich wurde die Hand eines Toten so in einen Verbrennungsofen gelegt, damit man eine Aufnahme machen konnte, die das bis dahin Unvorstellbare auf einem Foto festhält: In diesem Ofen wurden Menschen verbrannt. Die Aufnahme selbst ist die Reproduktion eines alten Pressefotos, die vor 1994 in unseren Bestand gekommen ist. Alle Aufnahmen, die vor 1994 archiviert worden sind, tragen das Archivierungsdatum 01.01.1994 – daher auch die ungenaue Auskunft meiner Kollegin. Es gibt daher auch keine weiteren Informationen, aus welchem bestand oder mit welchen anderen Aufnahmen dieses Foto in unser Archiv gelangt ist. Es gibt auch keine Aufzeichnungen welche Informationen auf der Originalfotografie waren. Das ist leider nicht viel. Ich hoffe dennoch, dass ich Ihnen ein wenig helfen konnte.“

Ofenmuffel der Topf & Söhne im KL Auschwitz, © A. Kilian 2004

Wie auch im Februar, als wir Bendenken anmeldeten, steht dieses Bild im Portal des Anbieters unter der Bezeichnung: 2-P75-K1-1945-93 für den Erwerb zur Verfügung.

(…) Es trägt folgende Bildbeschreibung:

„Nationalsozialismus: Konzentrationslager – Konzentrationslager Auschwitz (nahe Oswiecim/Polen) nach der Befreiung durch die Sowjetischen Truppen am 26.1.1945; Die Hand eines Leichnams ragt aus dem Verbrennungsofen des Krematoriums – Foto, rund um Januar/Februar 1945“ (Übersetzung aus der englischen Bildbeschreibung)

Ja, man kann auch dutzende Fotos bei AKG-Images erwerben, wie beispielsweise die von ermordeten Kindern oder von einer ermordeten Frau mit entblößtem Unterkörper. Das Geschäft boomt im Gedenkjahr. (…)

Wieder war es Andreas Kilian, der uns mit seinem Fachwissen zu diesem Bild folgende Informationen lieferte, die im Hinblick auf die Vorgänge der damaligen Zeit in den Konzentrationslagern auch einmal das Grauen vor Augen führen und uns eintauchen lassen in die Abgründe des menschlichen Geistes:

„Das beigefügte Foto ist offensichtlich einige Zeit nach Kriegsende aufgenommen worden. Der Ofen war ein Kori-Modell. … Wahrscheinlich ist das Muffelrost bereits durchgebrochen, was die Armhaltung des im Ofeninneren befindlichen Körpers erklären würde. Es ist zudem sehr wahrscheinlich, dass ein Lebender diese dramatische Pose für das Foto-Motiv eingenommen hat, da eine „frische“ Leiche in einem funktionslosen Ofen wohl kaum erklärbar ist. Ich schließe mich folglich Ihrer Annahme, dass das betreffende Foto gestellt ist, an. Als Zeitdokument und zur Verbreitung – geschweige denn zur Vermarktung – eignet sich das Bild meines Erachtens keineswegs.

Dreimuffelofen der Topf & Söhne im KL Buchenwald, Weimar, © A. Kilian 2005

Das Bild wurde keinesfalls in Auschwitz aufgenommen, da der abgebildete Ofentyp nicht im KL Auschwitz gebräuchlich war. Die Datierung Januar 1945 halte ich ebenfalls für unwahrscheinlich und im Zusammenhang mit der Lokalisierung für reine Spekulation. Ich vermute, dass die Aufnahme frühestens Ende der 40er aber wahrscheinlicher in der ersten Hälfte oder Mitte der 50er Jahre erstellt wurde. Der Stil der Fotografie entspricht der Dramaturgie und dem Pathos dieser Zeit und erinnert mich zudem ein wenig an Resnais Dokumentarfilm Nacht und Nebel, der in Frankreich 1955/56 produziert wurde.

Bei der Einäscherung in den Krematorien der nationalsozialistischen Konzentrationslager sollten Sie nicht von den Bedienungsvorschriften der Anlagen ausgehen. Die Praxis sah in der Regel ganz anders aus. Tatsächlich wurden die Leichen nicht immer mit dem Kopf voran in die Ofenmuffel eingebracht, da bei der Erstbeschickung durchschnittlich drei Körper von Erwachsenen eingeschoben wurden (exklusive Kleinkinder und Säuglinge). Diese lagen Kopf zu Fuß. Einzel-Nachbeschickungen wurden zum Teil mit dem Kopf voran durchgeführt, da man die Körper zwischen den Beinen besser mit Schiebern in das Ofeninnere befördern konnte. Das war aber keineswegs die Regel. Oftmals wurden die Leichen auch an den Schultern eingeschoben.“

Millionen Menschen kamen beim Holocaust ums Leben, der Genozid wurde von einem menschenverachtenden System angestrebt, das sogar noch nach dem Tod seiner bedauernswerten Opfer Profit aus ihren Überresten schlug. Heute, 2005, machen verantwortungslose Geschäftemacher ebenso Profit mit echten wie falschen Photos. Kein Einwand, keine Sorgfaltspflicht hinsichtlich der angebotenen Inhalte, keine moralischen Bedenken können gegen die Profitsucht ankommen. Medien haben sich scheinbar blind verlassen – aber wo fängt die journalistische Sorgfaltspflicht an und wo endet sie? Die Geilheit der Medien auf Bilder, das Stillen von perversen Gelüsten in einer manipulierenden Medienlandschaft tut im Namen der Berichterstattung nichts anderes als diesen Gelüsten nachzukommen und zu befriedigen und liefert auf diese Weise ein trauriges Spiegelbild der Gesellschaft.

Journalisten tragen die Verantwortung, Sachverhalte überprüft darzustellen, zu informieren, aufzuklären – es ist Pflicht und Ehr zugleich. Die Tragödie des aufgezeigten Sachverhaltes besteht darin: Dass Millionen Menschen Bilder und Texte zu dem Vernichtungslager Auschwitz präsentiert bekamen, die nachweislich nicht von dort stammen und letztendlich denjenigen Nahrung verschaffen, die auch heute noch den Holocaust verleugnen und von der „Auschwitz-Lüge“ sprechen.

Wenn selbst 2005 noch derart oberflächliche und falsche Informationen über die Grauen des Vernichtungslagers Auschwitz derart schlampig aufbereitet werden, dann tritt man das Gedenken an die Opfer mit Füßen und wirft die Frage auf, was wohl in 20 Jahren übrigbleiben wird. Die Morde an den Opfern brachte für die Nachwelt die Verpflichtung mit sich, jeden einzelnen Punkt der Ereignisse, exakt so darzustellen, wie er war. Die Menschheit läuft sonst Gefahr, dass Fehlinformation sich wie ein Nebel ausbreitet und sich Wahrheiten irgendwann aufzulösen beginnen.

(…)

© münchnernotizen 2005

Authentisches Arbeitsgerät der Krematoriumsarbeiter in Auschwitz, © A. Kilian 2004


(Letzte Änderungen: 05.04.2005)


Hinweis:

Der ungekürzte Beitrag war mit reichhaltigem Bildmaterial versehen im Online-Magazin münchnernotizen unter folgendem Link zu lesen:

http://www.muenchnernotizen.info/Medien/Holocaust/0304_xx_05.html (04.04.2005)

Die Publikationen wurden im Jahre 2015 eingestellt. Das Archiv der MN ist unter http://www.gesellschaft.dergloeckel.eu/tag/muenchnernotizen abrufbar.

Wir danken dem Journalisten Walter Egon Glöckel und der Chefredaktion der münchnernotizen für deren Zustimmung zur Veröffentlichung des Artikels auf www.sonderkommando-studien.de


(Letzte Änderungen: 09.12.2019)


Anmerkungen von SoKoS:

 

In den Archiven des Staatlichen Museums Auschwitz (APMO) stehen den Medien eine umfangreiche Fotodokumentation über die intakten und zerstörten Vernichtungsanlagen von Auschwitz-Birkenau zur Verfügung (siehe auch unter: http://www.auschwitz.org.pl/html/de/muzeum/struktura_muzeum.html#1).

Bei offizieller Anfrage von seriösen Medien werden gegen ein geringes Entgelt Bilddokumente zur Veröffentlichung freigegeben. Falsche Quellenangaben und Interpretationen können auf diese Weise in der Regel ausgeschlossen werden.

Bei den erwähnten Bilddokumenten ist fraglich, wer über die entsprechenden Bildrechte verfügt. Sowohl die Archive der Gedenkstätten Dachau und Yad Vashem (Israel), das Bundesarchiv Berlin, die National Archives at College Park als auch die erwähnten Bildagenturen vergeben Dritten die Rechte zur Veröffentlichung, mal kostenfrei oder gebührenpflichtig, aber auch zu horrenden Preisen. Fragwürdig ist, dass historische Aufnahmen, die für Aufklärungszwecke dienen, teuer verkauft werden. Zum einen sollten die Urheberrechte geklärt werden – was im Fall der Dachauer Aufnahmen nicht schwierig sein dürfte, da die Namen der Fotografen unter den Dachauer Befreiern ermittelbar sein müssten – zum anderen sollte man eine zentrale Stelle festlegen, die Bildnutzungsrechte nach einer angemessenen Gebührenordnung vergeben darf.

In Bezug auf das jüdische Sonderkommando von Auschwitz-Birkenau haben sich kurz nach der Befreiung von Auschwitz nur zwei Überlebende den Fotografen der sowjetischen und polnischen Untersuchungskommissionen zur Verfügung gestellt: Henryk Tauber (5 Fotos) und Shlomo Dragon (1 Foto). Trotz ausführlicher Berichterstattung über die Funktion und Technik der Vernichtungsanlagen haben diese wertvollen Zeugen verständlicherweise nicht für nachgestellte Szenen posiert. Dagegen liegen dem APMO Aufnahmen vor, die einen Häftling eines anderen Arbeitskommandos in Leichenpose zeigen, der auf einem Einschiebewagen aus dem alten Krematorium im Stammlager Auschwitz liegt.

Vermutlich sind authentische Aufnahmen an Originalschauplätzen vielen Medien oftmals nicht plakativ genug, was nachvollziehbar ist. Problematisch wird es erst dann, wenn Falschinformationen kolportiert werden und damit Geschichtsfälschung betrieben wird. Der dadurch entstehende Schaden ist zu groß, als dass er bagatellisiert werden könnte. In Zukunft werden sich jedenfalls weder die verantwortlichen Redaktionen noch die Bildagenturen auf Unkenntnis berufen können. Es bleibt zu hoffen, dass in Zukunft entsprechende Bildbestände kritisch überprüft werden und Sachverständige sowie zuständige Archive zu Rate gezogen werden, damit wenigstens die letzten Überlebenden von Auschwitz-Birkenau und besonders die letzten ehemaligen Arbeitssklaven aus den Krematorien von Auschwitz-Birkenau noch einen verantwortungsbewussten Umgang mit ihrer Leidensgeschichte erfahren können.


(Letzte Änderungen: 05.04.2005)